20 Dezember 2009

Bizarre Cinema …

… ist zurück. Versprochen ist schließlich versprochen.

"Im Kino gewesen. Geweint." So schrieb es einst Franz Kafka in sein Tagebuch, und so geht es auch heute noch allen Fans von Sex, Gewalt und guter Laune, die sich vom Kino mehr versprechen als Erbauung und gepflegte Familienunterhaltung. Deshalb macht Bizarre Cinema weiter und taucht endlich wieder ein in den Zauberwald aus Zelluloid, in dem Mumien, Monstren, Mutationen ihr Unwesen treiben, und wir würden uns freuen, wenn ihr bei unseren Entdeckungsreisen wieder dabei seid.

Brüche, Lücken, Schnitte zeichnen nicht nur viele Kopien aus, die bei Bizarre Cinema laufen, sie sind auch ein wesentliches Kennzeichen der Filme selbst, anatomisch, erzählerisch, formal, produktionstechnisch. Noch lieber als Geschichten über verlorene, wiedergefundene und verbotene Kopien hört das Publikum Geschichten über die Finessen von Regisseuren wie Roger Corman, William Lustig und Mario Bava, die unter Budget- und Zeitdruck die Kunst der Improvisation perfektioniert haben, um mit fast nichts starke Effekte zu erzielen. Die besondere Stimmung, die bei Bizarre Cinema regelmäßig entsteht, jenes kollektive Haarsträuben bis in die letzte Reihe, hat mit diesen Effekten zu tun, mit dem gemeinschaftlichen Schauen im Kino, aber auch mit dem Wissen darum, dass nicht nur der Film von improvisierenden Händen geschaffen ist, sondern auch seine Vorführung. Bei deren Unterbrechung muss der arme Kerl in der Projektionskabine schnell eine Lösung finden, damit die Illusion nicht allzu lange unterbrochen wird.

Nach dem Abschied aus dem 3001-Kino hat uns nun das B-Movie-Team eingeladen, Bahnhofskino- und Midnight-Movie-Flair zu verbreiten und altgeliebte und neu entdeckte Exploitation-Perlen, Trash-Meisterwerke und Meilensteine des unerschöpflichen Genre-Kanons auf Zelluloid zu zeigen. Originaler, garantiert nichtdigitaler Grindhouse-Look inklusive. Noch wilder, noch maßloser, noch bizarrer! Wir haben die alten Regeln bezüglich der Programmauswahl mit Fokus auf die 1960er und 1970er Jahre über Bord geworfen und können so eine erweiterte Auswahl abseitiger Filmperlen präsentieren, von denen niemand mehr erwartet hätte, sie auf der Leinwand zu sehen. Wir haben Klassiker, Geheimtipps und Abstrusitäten aus den Tiefen der Archive geborgen und präsentieren sie wie gewohnt mit kleinen Einführungen. Jeden Sonntag um 15.30 Uhr. Nur auf 35 Millimeter, nur im B-Movie. Neu: Jetzt auch mit Trailer-Show!

Hier das Programm für den Januar:


Sonntag, 10. Januar, 15.30 Uhr: Großangriff der Zombies (OT: Incubo sulla città contaminata aka Nightmare City)
Italien 1980, 88 Min., DF, Regie: Umberto Lenzi, Darsteller: Hugo Stiglitz, Laura Trotter, Mel Ferrer
Die Welt im Aufruhr, ein Reaktorleck samt radioaktiver Gaswolke lässt die Menschheit zu Zombies mutieren. Sie werden immer mehr und sind noch intelligent genug, um Werkzeuge und Waffen zu benutzen und sogar Flugzeuge zu fliegen. Da hilft nur ein massiver militärischer Einsatz, um den Rest der nicht deformierten Menschheit zu retten. Zombie-Action-Reißer vom Routinier der knallharten Übertreibung: Umberto Schlenzi.



Sonntag, 17. Januar, 15.30 Uhr: Rabid
Kanada 1977, 87 Min., Regie: David Cronenberg, Darsteller: Marylin Chambers, Frank Moore, Joe Silver
In der Keloid Clinic für plastische Chirurgie wird einer jungen Frau nach einem Motorradunfall "morphogenetisch neutralisiertes" Eigengewebe transplantiert. Schon bald erwacht die kühle Blonde mit einem neuen Körperteil unter dem Arm, und in die Korridore der modernen Medizin kehrt mittelalterliche Barbarei ein. Die letztes Jahr gestorbene Porno-Ikone Marylin Chambers entdeckt eine blutrünstige Variante des guten alten Rein-Raus-Spiels und bringt damit die Welt aus den Fugen. Rabid bildet gemeinsam mit Shivers (1975) und The Brood (1979) die sogenannte "Venereal Horror"-Trilogie, die David Cronenbergs Ruf als Meister des intelligenten Body-Horror begründete. In diesen Filmen wie auch in den halblangen Vorläufern Stereo und Crimes of the Future folgt der kanadische Regisseur mit kühlem Blick den bizarren Versuchen moderner Mad Scientists, in abgeschiedenen Kliniken (mit so schönen Namen wie Canadian Academy for Erotic Inquiry und House of Skin) den neuen Menschen zu kreieren. Doch die Skalpelle der Doktoren legen mit großer Präzision immer wieder nur die animalischsten Triebe des Menschen frei, Sex und Tod in schöner Eintracht. Rabid zeigt Cronenberg auf der Höhe seiner Kunst, philosophische Themen in eine ungeheuer ökonomische erzählte Geschichte zu verpacken, und bietet neben Splatter und schwarzem Humor auch ein paar tolle Actionsequenzen.



24. Januar, 15.30 Uhr: Heute ich ... morgen Du! (OT: Oggi a me ... domani a te!)
Italien 1968, 95 Min., DF, Regie: Tonino Cervi, Darsteller: Brad Halsey, Bud Spencer, William Berger, Tatsuya Nakadai
Rache als Motiv, ein wortkarger Düsterheld und ein Haufen verwegener Hunde (darunter ein ernst agierender Bud Spencer) gehen gegen eine skrupellose Bande vor – die Handlungsschrauben des Italowestern wären also komplett. Dario Argento hat als Drehbuchautor für ein gewisses Düsterambiente gesorgt, Nebel, Wälder, dunkle Erinnerungen und ein finsterer Bösewicht mit asiatischem Einschlag, samt angewandter Klingenkunst.



31. Januar, 15.30 Uhr: Dead Heat
USA, 1988, 86 Min., OF, Regie: Mark Goldblatt, Darsteller: Treat Williams, Joe Piscopo, Vincent Price
Dieses verlorene Schmuckstück der späten 1980er Jahre kommt als polternde Mischung aus Prolo-Action, Buddy-Movie und Prä-CGI Latex-Fun-Splatter daher. Zwei Cops stolpern während der Ermittlungen wegen einer Serie von Raubüberfällen über die dubiosen Machenschaften eines Pharmakonzerns. Der experimentiert offenbar mit einer Reanimationstechnologie der besonders wirkungsvollen Art. Im Handumdrehen ist einer der Cops tot … und dann wieder nicht. Wie tollwütig werden hier Genrekonventionen und Stereotypen herangezogen, nur um mit diebischer Freude gleich wieder überhöht und dekonstruiert zu werden. Ohne Angst vor großartigen Albernheiten und ausgezeichneten Geschmacklosigkeiten ist hier alles eine Nummer krasser: die Gauner derber, die dummen Sprüche peinlicher, die Freundschaft dicker und die Wunden offener. Es ist geradezu eine Schande, dass dieser Film nicht mehr Freunde hat. Vielleicht kann Bizarre Cinema daran ein klein wenig ändern. Mark Goldblatt hat als Regisseur nur einen einzigen weiteren Spielfilm von einiger Prominenz zu verzeichnen: die Dolph-Lundgren-Punisher-Verfilmung von 1988. Kein Wunder, ist der Mann doch hauptberuflich am Schneidetisch tätig. Zu seinen Referenzen als Cutter zählen Über-Klassiker des 80er Testosteron-Kinos wie Terminator, Rambo II und Phantom-Kommando, aber auch viele weitere Genre-Schwergewichte wie Starship Troopers, The Howling und Terminator 2. Im Geiste dieser Tradition inszenierte er diesen Glam-Pulp-Klopper mit Föhn-Frise. Brutale Zombie-Gangster, coole Zombie-Cops, Zombie-Hühner in der Küche eines chinesischen Restaurants, korrupte dekadente Firmenbosse, Schießereien am Pool, 1000 unfassbare one-liner: They don’t make ’em like this anymore!!

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