07 Oktober 2012

Malteserkreuzzug

Das dunkle Reich der Einsen und Nullen breitet sich weiter aus. Das Abaton verkauft seine mechanischen Projektoren zu Kilopreisen auf dem Schrottplatz. In den Kinematheken laufen Blu-rays. 35mm- und 16mm-Kopien werden in Zelluloid-Mühlen zerschreddert. Bis 2015 sollen alle Kinos in ganz Deutschland digitalisiert sein.

Ganz Deutschland? Nein, ein letztes Grüppchen Aufrechter im hohen Norden leistet dem digitalen Perfektionswahn noch Widerstand. Auch im achten Jahr seines Bestehens widmet sich Bizarre Cinema den schlecht ausgeleuchteten Schattenseiten des Daseins und dem übersteuerten Sound brechender Knochen und feuerspeiender Riesenechsen. Bei uns leuchtet sie noch, die gedeckte Farbpalette der 70er- und 80er-Jahre, das Schwarz hat noch all seine Schattierungen, und die Vorführer müssen noch richtig knechten.


Sonntag 7.10., 14.30 Uhr: Ein Mann geht über Leichen
Italien/USA 1973, DF, R: Michael Winner, mit Charles Bronson, Martin Balsam, David Sheiner
Zum Auftakt der neuen Saison gibt es ein seltenes Knallbonbon mit Knitterface Charles Bronson. Ein Jahr vor seinem ebenfalls von Michael Winner gedrehten Rachefeldzugklassiker Ein Mann sieht rot (1974) und teils von Dirty Harry (1971) inspiriert, sieht man ihn als strafversetzten New Yorker Cop, der in Los Angeles mitten in einen Mafiakrieg hineingerät. Drahtzieher ist ein sizilianischer Pate, den der wunderbare Martin Balsam spielt, unvergessen als Treppensturz-Opfer Detective Arbogast in Hitchcocks Psycho (1960). Weitere Stichworte zum Film: Autojagden! Schießereien! Vietnam-Veteranen! Wüstenfort! Das sagen die Kritiker: „Tolerable as far as this genre goes.“ (The Motion Picture Guide) „Well made but pretty violent.“ (Leonard Maltin) „Perfekt inszenierter, aber effekthascherischer Thriller mit modischen Klischees und zynischer Tonart.“ (Katholischer film-dienst)
Text und Einführung: Peter Clasen


Sonntag, 14.10., 14.30 Uhr: Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb
Japan 1984, 105 Min., OmU, R: Sogo Ishii, mit Katsuya Kobayashi, Mitsuko Baisho
Nach Porträts von Punkbands wie The Roosterz und The Stalin drehte Sogo Ishii das altehrwürdige Genre des Familiendramas durch den Fleischwolf seiner Krawall-Ästhetik. Papi, Mutti, Opa, Sohnemann und Töchterlein einer japanischen Durchschnittsfamilie schloss er dissonanten Instrumenten gleich an seinen Bildverstärker an und schob alle Regler nach rechts bis zur Implosion in einem apokalyptischen Kampf aller gegen alle. Einer der besten Termiten- und Eskalationsfilme überhaupt. Ozu auf Crystal Meth. (Mehr zu Sogo Ishii hier)
Text und Einführung: Volker Hummel


Sonntag, 28.10., 14.30 Uhr: American Monster
USA 1982, R: Larry Cohen, 90 Min., DF, mit David Carradine, Michael Moriarty, Richard Roundtree
Ein geflügeltes Schlangenmonster verbreitet Schrecken und Terror in New York! Ausgerechnet im Chrysler-Building hat sich das Biest eingenistet und nutzt die Bewohner des Big Apple als Futtermittel. Während Fensterputzer buchstäblich ihre Köpfe verlieren und die Straßen mit blutigen Leichenteilen übersät werden, zücken zwei Cops (Kill Bill-Star David Carradine und Shaft Richard Roundtree) die Maschinenpistolen und machen Jagd auf das charmante Stop-Motion-Ungeheuer. B-Movie-Veteran Larry Cohen, gerade vom Regieposten eines anderen Films gefeuert, entwickelte Drehbuch und Produktion der „reichlich widerwärtigen Geschichte“ in nur sechs Tagen und „denunziert nebenbei indianische Mythen und neurotische Drogenabhängige.“ (Lexikon des Internationalen Films)
Text und Einführung: Jochen Oppermann

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