01 Februar 2013

Brockhaus Bizarre

Liebe Komplettisten und Universalgelehrten des abseitigen Films, auch im Jahr 2013 geht Bizarre Cinema mit voller Kraft der selbst gestellten Mammutaufgabe nach, eine umfassende Enzyklopädie des Trashkinos zu erstellen. In 10, 50, vielleicht auch erst 100 Jahren, so unser von Generation zu Generation weitergereichter Traum, werden alle Filme gezeigt, alle wichtigen Personen vorgestellt und alle Verbindungslinien verfolgt sein – und wir können wieder von vorn beginnen. Diesen Monat verleiben wir mit Georges Lautner, Michel Deville, Kathryn Bigelow und Karel Zeman vier weitere Regisseure dem BC-Kosmos ein, verneigen uns vor dem Komponisten Martin Böttcher und der Giallo-Diva Mimsy Farmer und erweitern die schon umfangreiche Historie des Animations- und Trickfilms um ein weiteres faszinierendes Kapitel. (Alle Filme im Metropolis)



3.2., 14.30 Uhr: ZÄRTLICHE HAIE
BRD/FR 1966, R: Michel Deville, 89 Min., DF, mit Anna Karina, Mario Adorf
Agentenkomödien waren besonders in den 60er-Jahren beliebt. Dieser Film vereint den französischen Starregisseur Deville (Das wilde Schaf) und den deutschen Starkomponisten Martin Böttcher. Was hat Letzterer zwischen May- und Wallace-Filmen noch für Töne zu bieten? Kann Mario Adorf auf hoher See zu großer Form auflaufen? Das und mehr kann in diesem eher unbekannten Film entdeckt werden.
Text und Einführung: Lillian Robinson



10.2., 14.30 Uhr: DIE STRASSE NACH SALINA
FR/I 1970, R: Georges Lautner, 96 min., DF, mit Mimsy Farmer, Robert Walker Jr., Rita Hayworth, Ed Begley
In sengender Hitze wandert der junge Tramp Jonas auf der endlos scheinenden Straße nach Salina in Mexiko. In einer kleinen Raststätte dann die Überraschung: Die Wirtin Maria und deren Tochter Billie halten ihn für den verschollenen Sohn und Bruder Rocky. Jonas lässt sich auf das Spiel ein, bis er begreift, dass Billie und ihr Bruder ein inzestuöses Verhältnis hatten. Ein beeindruckendes Drama um vertauschte Identität, Inzest und Brudermord mit Mimsy Farmer (Vier Fliegen auf grauem Samt von Dario Argento) und einem fantastischen Psychedelic-Folk-Soundtrack.
Text und Einführung: Torsten Cornils



17.2., 14.30 Uhr: DIE ERFINDUNG DES VERDERBENS
CS 1958; R: Karel Zeman, 76 Min., SW, 16mm, DF, mit Lubor Tokos, Arnost Navratil, Jana Zatloukalova
Ein Wissenschaftler und ein Ingenieur werden von einem größenwahnsinnigen Verbrecher entführt und gezwungen, eine Bombe zu konstruieren, mit der er die Welt beherrschen kann. Zu Wasser, zu Lande und in der Luft müssen viele haarsträubende Abenteuer bestanden werden, um dem Schurken das Handwerk zu legen. Zemans Klassiker überwältigt mit visuellen Einfällen und verbindet Animation, Lithografie und Live-Action zu einem bis heute einmaligen Erlebnis. Jugendfrei, aber bizarrer geht es kaum!
Text und Einführung: Jan Minck



24.2, 14.30 Uhr: NEAR DARK – DIE NACHT HAT IHREN PREIS
USA 1987, R: Kathryn Bigelow, 95 Min., DF, mit Adrian Pasdar, Lance Henriksen
Eigentlich wollten Kathryn Bigelow und ihr Co-Autor Eric Red einen Western drehen, blitzten damit aber bei potenziellen Geldgebern ab, die lieber in populärere Genres investieren wollten. Also kombinierten Bigelow und Red das Wildwest-Motiv mit dem Vampirgenre, das aus ihrer Sicht ebenfalls eine Erneuerung nötig hatte. Das Ergebnis verstörte Kritiker und Publikum gleichermaßen, die den Film an der Kinokasse zunächst durchfallen ließen. Erst mit der Zeit wurde klarer, dass Verstörung gerade bei einem Vampirfilm durchaus ein Qualitätsmerkmal sein kann. Inzwischen ist Bigelow als erste Frau mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet worden (für Tödliches Kommando) und ihr Frühwerk ist gereift wie ein guter Rotwein, mit sattem Aroma von Hämoglobin, das noch lange nachschmeckt.
Text und Einführung: Hans-Arthur Marsiske

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